Hightech News: Gasflusssensorik in Beatmungsgeräten

In der modernen Beatmungstechnik kommen Sensoren zur Messung von Gasflüssen in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz. Je nach Hersteller und Verwendungszweck in den Geräten werden unterschiedliche Messprinzipien verwendet. Auf dem Markt sind mittlerweile viele verschiedene Sensorprodukte verfügbar. Seitdem die "Eiserne Lunge" vor rund 80 Jahren zum ersten Mal für die Beatmung von Patienten eingesetzt wurde, hat sich die Beatmungstechnik rasant weiter entwickelt. Flusssensorik und Gasflusssensoren spielen heute neben Drucksensoren eine bedeutende Rolle. Während früher in der "Eisernen Lunge" für die Beatmung ein Unterdruck erzeugt wurde, werden heute Geräte eingesetzt, die für einen Überdruck in der Lunge sorgen. Neben Luft werden auch andere Gase, insbesondere Sauerstoff, zur Beatmung verwendet. Die Menge und Mischung der verschiedenen Gase wird mittels Sensorik präzise gesteuert und überwacht. Je nach Einsatz des Beatmungsgerätes variieren folglich die Anforderungen an die Sensorik stark.
Unterschiedliche Einsatzgebiete
In der medizinischen Beatmung können Geräte grundsätzlich nach drei verschiedenen Einsatzgebieten unterschieden werden: Geräte für die Notfallmedizin, Geräte für die Intensivmedizin und der Heimeinsatz von Geräten. Jeder dieser Bereiche, beziehungsweise jedes einzelne Geräte, hat natürlich unterschiedliche Merkmale. Bei Geräten für die Notfallmedizin stehen Grösse und Gewicht an erster Stelle, da diese Geräte schnell und einfach zum Patienten transportiert werden müssen. In der Regel wird durch ein Netzteil die unabhängige Stromversorgung über Akkumulatoren gewährleistet. Beatmungsgeräte für die Intensivmedizin werden im Krankenhaus eingesetzt und vom medizinischen Personal bedient. Hier ist der Funktionsumfang wesentlich grösser als bei Geräten für die Notfallmedizin. Die Leistungsfähigkeit der Geräte steht im Vordergrund. Und beim Heimeinsatz von Beatmungsgeräten müssen die Geräte die Atmung von Patienten sicherstellen, die dauerhaft nicht alleine atmen können.
Vielfältige Anforderungen an die Flusssensorik
Aufgrund der oben genannten drei Anwendungen in der Beatmungstechnik ergeben sich diverse Anforderungen an die Flusssensorik. Bei Geräten für die Notfallmedizin soll der Druckabfall, das heisst der Widerstand, den ein Sensor der Gasströmung entgegenbringt, möglichst klein sein. Denn ein höherer Druckabfall bedeutet Mehrarbeit für die Turbine, die den Überdruck für den Patienten erzeugt. Ein geringerer Druckabfall erlaubt folglich eine längere Einsatzzeit, beziehungsweise einen kleineren Akkumulator, was sich wiederum positiv auf Grösse und Gewicht auswirkt.
Der Wunsch ein Gerät im Intensivbereich möglichst breit einsetzen zu können, stellt weitere Anforderungen an die Flusssensorik. So sollen Geräte universell einsetzbar sein, egal ob es sich beim Patienten um ein Kleinkind oder um einen Erwachsenen handelt. Ein möglichst weiter dynamischer Bereich und eine hohe Auflösung der Sensoren stellen den Einsatz für unterschiedlich grosse Patienten sicher. So sollen moderne Flusssensoren im besten Fall Flussmengen bis zu 250 Liter pro Minute messen gleichzeitig aber auch Mengen unter einem Liter noch mit hoher Genauigkeit detektieren. Neben diesem weiten dynamischen Messbereich ist insbesondere die Messgenauigkeit bei kleinen Gasflüssen von entscheidender Bedeutung. Da in der Intensivmedizin unterschiedliche Beatmungsmodi verwendet werden, ist auch eine schnelle Reaktionszeit der Sensoren notwendig. Allen Bereichen ist gemein, dass die Sensorik möglichst langzeitstabil und robust sein muss, um Rekalibrationen und Wartungsaufwände gering zu halten.
Weitere Anforderungen an die Sensorik ergeben sich aus den unterschiedlichen Funktionen zu deren Steuerung, beziehungsweise Überwachung, die Sensoren eingesetzt werden. Es wird zwischen inspiratorischen Sensoren, exspiratorischen Sensoren und patientennahen Sensoren (Spirometrie) unterschieden. Auf der Einatmungsseite (inspiratorisch) werden die Sensoren im Gerät verbaut. Sie sind weit vom Patienten entfernt und der Gasfluss führt immer vom Sensor zum Patienten und nie in die andere Richtung. Das Gas ist trocken und sauber. Auf der exspiratorischen Seite hingegen wird die Ausatmungsluft gemessen. Die Luft ist feucht und kommt vom Patienten. Im dritten Bereich, bei der patientennahen Sensorik gelten schlussendlich die höchsten Anforderungen. Patientennahen Sensoren müssen entweder wieder aufbereitbar, das heisst waschbar und autoklavierbar, sein oder als Einwegmaterial verwendet werden können. Im patientennahen Bereich ist ausserdem die Messung der Ein- und Ausatmung nötig, was zwingend einen bidirektional kalibrierten Sensor erfordert. Dies stellt insbesondere für Heizdrahtanemometer eine grosse Herausforderung dar. Denn wird ein Patient über längere Zeit beatmet, stellt die Entwöhnung besondere Herausforderungen an die Sensorik, wenn die Atmung des Patienten unterstützt werden soll. Das Einsetzen der Atmung muss vom Gerät ohne zeitliche Verzögerungen erkannt werden.
Verschiedene Messprinzipien
Zur Flussmessung in der Beatmungstechnik werden unterschiedliche Messprinzipien verwendet. Die früher häufig eingesetzten Schwebeköper-Durchflussmesser sind heute auf Grund der Genauigkeitsanforderungen und der fortschreitenden Integration in elektronische Steuerungssysteme nur noch in älteren Geräten anzutreffen.
Flussmessungen mit Differenzdrucksensoren werden in vielen Geräten eingesetzt. Dabei ist es möglich, den Differenzdrucksensor weiter entfernt vom Patienten zu platzieren und trotzdem den Fluss nahe am Patienten zu bestimmen. Die Genauigkeit bei dieser Messmethode wird nicht allein durch den Sensor bestimmt, sondern durch die Kombination aus Differenzdrucksensor und dem für den Druckabfall genutzten Element, einer sogenannten Blende oder einem Linearflusselement. Des Weiteren spielt auch der Schlauch zwischen dem Flusselement und dem Sensor eine wichtige Rolle. Der Schlauch wirkt grundsätzlich dämpfend. Ein Knick im Schlauch sollte deshalb vermieden werden.
Weiter sind Lösungen auf dem Markt, die die auf Ultraschall basierte "time off flight"-Messungen verwenden. Der eigentliche Sensor misst durch eine Kunststoffwand hindurch. Die einfache Wiederaufbereitung ist der Vorteil dieser Messmethode. Die Methode ist aber auch mit viel höheren Herstellkosten verbunden.
Zudem gibt es thermische Messprinzipien. Bei den thermischen Verfahren kann zwischen herkömmlichen Heizdraht-Anemometern und Heizfilm-Anemometern unterschieden werden. Der Nachteil der Hitzdraht- Anemometer besteht darin, dass nur der Betrag des Gasflusses gemessen wird. Eine Richtung kann nicht mit angegeben werden. Dieser Nachteil kann mit Heizfilmanemometern mit mehreren Feldern behoben werden.
Sensirion CMOSens® Technologie
Eine Weiterentwicklung der thermischen Messverfahren ist der CMOSens® Massenflusssensor von Sensirion. Beim Massenflussmesser sind die Temperatursensoren symmetrisch um ein Heizelement platziert. Dies erlaubt eine Bestimmung der Richtung und die präzise bidirektionale Messung. Durch die Integration von Sensor sowie analoger und digitaler Auswertungselektronik auf einem Mikrochip kann eine präzise Kalibration und Temperaturkompensation der Flussmessung gewährleistet werden. Das Sensorelement und die Verarbeitung mit Kalibrationsdaten erlaubt eine schnelle Verarbeitung der Messsignale. Dabei können je nach Gas und Gasgemisch weitere Informationen über den Gasfluss gewonnen werden. Falls es sich um eine Mischung zweier reiner Gase handelt, die unterschiedliche thermische Eigenschaften aufweisen, kann neben dem Fluss auch eine Bestimmung des Mischungsverhältnisses erfolgen. Dieses Signal wird in der Beatmungstechnik zum Beispiel zur Bestimmung einer Lachgas/Luft-Mischung oder eines Heliox-Gemischs verwendet. Das Signal kann aber auch als redundantes Signal verwendet werden, wenn die Mischung bereits durch Flusssensoren geregelt wird.
Neben reinen Flusssensoren gibt es auch Massenflussregler. Massenflussregler enthalten bereits ein Ventil und stellen vor allem für kleinere Hersteller eine interessante Alternative dar, da die Kosten für eine Eigenentwicklung oft nicht zu unterschätzen sind. Weiter erlaubt eine fertige Lösung das Produkt schneller auf den Markt zu bringen. Massenflussregler in der Beatmungstechnik müssen allerdings deutlich schneller sein als Lösungen für Industrieanwendungen, da sie der Atmung des Patienten folgen müssen.
